Band 2 "Ernährung"
Aus dem Inhalt:
Der große Augenblick naht, Martha schenkt den Yogi-Tee ein und Oma sagt:
„Möge er wohl bekommen!“
Alle prosten einander zu und lassen sich den Tee munden.
Zufriedene Gesichter verraten, dass er ihnen allen gut schmeckt.
Lina nimmt den Teebeutel in die Hand und liest noch einmal die Gewürze vor:
„Ayurvedische Gewürzteemischung aus Zimt, Kardamom, Ingwer, Nelken,
schwarzer Pfeffer.“
„Ich habe gelesen“, lässt Oma aufhorchen, „dass der Yogalehrer Yogi Bhajan
diese Gewürze zu einem Getränk gemischt hat, daher stammt der Name Yogi-Tee.“
„Nun will ich aber wissen“, wird Opa neugierig, „was die Gewürze alles bewirken,
das Kardamom kennen wir ja schon.“
Auch diese Frage weiß Oma Ida zu beantworten, denn als Kräuterfrau wollte sie
alle Wirkungen des Getränkes kennenlernen und so erläutert sie:
„Zimt wird aus der getrockneten Rinde der Zimtbäume gewonnen, die hauptsächlich
auf Ceylon, heute Sri Lanka, wachsen. Der so genannte Cassia-Zimt
stammt aus China und hat eine schlechtere Qualität als der Ceylon-Zimt. Zimt
enthält den Aromastoff Cumarin, der bei höherem Zimtverzehr giftig wirkt.
Ceylon-Zimt enthält zwei Gramm Cumarin pro Kilogramm, Cassia-Zimt 0,02
Gramm. Das ätherische Öl im Zimt wirkt antimikrobiell und unterstützt so das
Immunsystem. Das Cumarin kann jedoch gefährlich werden, weil es bei hohen
Mengen im Blutkreislauf der Leber schadet. Am höchstbelasteten sind die beliebten
Zimtsterne zu Weihnachten. Sie enthalten den billigen chinesischen Cassia-
Zimt. Die Industrie will jedoch den Cassia-Zimt weiterhin einsetzen, weil sein
Aroma den Backprozess besser überstehe als der Ceylon-Zimt.“
„Also dann Hände weg von Zimtgebäcken“, ruft Großvater und fragt, „welcher
Zimt ist denn in dem Yogi-Tee?“
Den Yogi-Tee habe ich im Bioladen gekauft und er soll Ceylon-Zimt enthalten
und der sei mit 0,02 g Cumarin pro Kilogramm unbedenklich“, sagt Oma.
„Aber immerhin 55 Prozent Zimt!“, liest Lina von der Tüte ab.
„Also gut“, betont Großvater, „der Tee schmeckt ja gut, aber er sollte nicht zum
Tagesgetränk werden. Dafür ist der Malzkaffee wertvoller und kräftigt besser, was
wir ja auch vom Bier her wissen. Hopfen und Malz – Gott erhalt‘s!“
„Damit können wir wohl das Thema Yogi-Tee abschließen“, meint Oskar, „nach
dieser zweideutigen Nachricht.“
„Aber nein“, widerspricht Großvater, „jetzt will ich auch wissen, wie Ingwer,
Nelken und Pfeffer wirken.“
Großmutter fährt fort:„Ingwer wächst in den Tropen, besonders in den südostasiatischen
Ländern, in Australien, Südamerika und Afrika. Er enthält ätherische
Öle, Mineralstoffe, Vitamin C und fängt Freie Radikale, hemmt Entzündungen,
bildet Magensaft, Speichel und Gallenflüssigkeit, fördert die Verdauung und soll
als Aufguss auch bei Erkältungen helfen.“
„Das hört sich ja gut an“, meint Großvater und Großmutter setzt wieder an:
„Nun zu den Gewürznelken, sie wachsen auf einem Nelkenbaum und stammen
von den Molukken, einer indonesischen Inselgruppe. Die getrockneten Blütenknospen
wirken betäubend, können also durch Kauen Zahnschmerzen lindern und
haben einen hohen Anteil an Antioxidantien. Dadurch können sie als Zugabe zu
Fleischgerichten die Fettoxidation bremsen und den Nährwert erhöhen.
Der schwarze Pfeffer kommt ursprünglich aus Indien und hat sich von dort ausgebreitet.
Die Pfefferpflanze klettert an Bäumen hoch und entwickelt nach der Befruchtung
der Blüten die kugeligen Pfefferfrüchte. Pfeffer enthält viel Stärke, seine
scharfen Aromastoffe fördern die Verdauung.
Das war nun das Wesentliche vom Yogi-Tee“, schließt Großmutter ihre Erläuterungen.
„Sehr gut“, stellt Großvater fest, „wir bewundern dein Wissen, liebe Ida. Nun
wollen wir mal die Wirkung des Tees abwarten.“
„Welche Wirkung denn?“, fragt Martin.
„Ach so“, meint Opa etwas verlegen, „du warst vorhin noch nicht dabei, als
Oma erklärt hat, wie Kardamom im Tee wirkt. Es sei ein Aphrodisiakum. Weißt
du, was das ist?“
Martin kräuselt die Stirn, schaut Lina etwas verlegen an, die ihm lächelnd zunickt
und verrät dann: „Na klar, das hatten wir gerade in Biologie. Sigmund Freud
hat das schon in seiner Psychologie untersucht. Ein Aphrodisiakum regt den Sextrieb
an.“
„Donnerwetter!“ staunt Opa, „du hast ja einen gescheiten Biolehrer.“
„Biolehrerin“, berichtigt Martin, „die nimmt auch kein Blatt vor den Mund, aber
sie hat die Klasse vor Aphrodisiaka gewarnt.“
Jetzt ist auch Oskar überrascht, darüber, dass sein Filius die Pluralform des Wortes
kennt. Alle lachen und Opa schüttelt staunend den Kopf.
„Das Rezept dieses Yogalehrers muss ich mir merken“, gesteht Martha.
Die anderen lachen weiter und Martha erklärt, leicht errötend: „Nein, nicht
darum, was ihr jetzt denkt. Ich will ganz einfach sagen, dass wir ähnliche Getränke
auch mit unseren heimischen Gewürzpflanzen machen können, zum Beispiel mit
Anis, Brennessel, Fenchel, Lavendel, Pfefferminze, Salbei, Thymian und viele
andere mehr. Wir können sie einzeln brühen oder mischen, so wie wir ihre Inhaltsstoffe
brauchen. Ich habe nichts gegen den Yogi-Tee, er schmeckt gut; aber er regt
mich nun auch an, die Besonderheiten der einheimischen Gewürzpflanzen her-
auszustellen. Zimt, Kardamom, Ingwer, Nelken und Pfeffer im Yogi-Tee, schön
und gut, aber die Auswahl unserer Kräuter ist doch größer. Ingwer kennen wir
schon mit seinen guten Wirkungen, ihn können wir unseren Kräutern nach Geschmack
und Bedarf beifügen. Mit Nelken, Pfeffer und Kardamom würde ich lieber
salzige oder neutrale Gerichte würzen, mit Zimt süße.
In meinem Kochbuch habe ich die wichtigsten Kräuter und Gewürzpflanzen
mit ihren Wirkungen aufgeschrieben. Wer möchte, kann die Liste gern einsehen.
Zum Anis will ich noch sagen, dass ihm ebenfalls eine aphrodisierende Wirkung
nachgesagt wird ... So, damit könnten wir dieses Thema abschließen, wenn ihr
nicht noch Fragen dazu habt.“
Allgemeines Schmunzeln und Martha atmet tief durch.
„Es stimmt mich froh, was du alles gesagt hast“, bestätigt Großvater Marthas
Ansicht, „wir sollten unsere Pflanzen vor der Tür nicht vergessen. Sie sind immer
frisch für uns da und haben allein das natürliche Wachstum hinter sich, ohne
fremde Nachhilfe und ohne lange Transportwege.“
„Das ist richtig“, findet auch Oskar, „der Yogi-Tee hat ein köstliches Aroma, er
soll etwas Besonderes bleiben und nicht zum Alltagsgetränk werden.“
„Genau“, meint auch Großmutter, „wir dürfen nur das essen, was uns gesund
erhält.“
„Ja“, bestätigt Martha, „unsere Ernährung entscheidet über die Gesundheit.
Wenn wir uns richtig ernähren und die Natur vorziehen, können wir gesund bleiben
und alt werden.“
„Das ist ein gutes Stichwort für mich und auch für Oma“, bestätigt Opa, „wir
wollen euch gern verraten, wie wir uns fit halten.“
„Ich glaube, das wissen wir schon“, vermutet Oskar, „euer großer Garten wird
euch schon richtig ernähren.“
„Das tut er auch“, erwidert Großvater, „ein paar kleine Geheimnisse kennt ihr
aber noch nicht. Zum Beispiel essen wir keinen Zucker mehr.“
„Keinen Zucker?“, ruft Martin, „das ist aber fad.“
„Wir haben doch Honig“, sagt Opa, „aber auch den nehmen wir auch nur sehr
sparsam.“
„Jetzt spannst du uns aber auf die Folter“, sucht Oskar nach einer Antwort,
„warum denn keinen Honig mehr?“
Großmutter lächelt und mischt sich ein: „Weil Honig auch Zucker enthält und
den mögen die Kariesbakterien. Seht euch seine Zähne an, blendend weiß und
ohne Plomben.“
„Jetzt hast du ja schon alles verraten“, murrt Großvater, „also gut, wir wollen unseren
Zähnen etwas Gutes tun und haben den Zucker in der Küche abgeschafft. So
füttern wir die Bakterien nicht mehr und sie können keine Karies und keine Parodontitis
verursachen.“
„Das verstehe ich nicht“, rätselt Martin, „was machen die Bakterien denn mit
dem Zucker?“
„Sie fressen den Zucker und scheiden ihn als Säure aus“, erklärt Opa, „die Säure
zerstört den Zahnschmelz und dringt bis zum Nerv durch. Dann bekommst du
Zahnschmerzen. Wenn es schlimm kommt, können sie auch das Zahnfleisch und
das Zahnbett so stark entzünden, dass die Zähne ausfallen. Das ist Parodontitis.“
„Aua!“, ruft Oskar, „ein wenig Zahnweh hatte ich als Knabe schon einmal, aber
Mutti hat mir damals allen Zucker verboten und die Schmerzen sind wieder weggegangen.“
„Siehst du“, erklärt Großvater, „ich entsinne mich, du hast Glück gehabt, denn
dein Körper hat sich selbst geheilt. Wenn die Kariesbakterien nämlich kein Futter
bekommen, können sie sich nicht mehr vermehren. Aber das Kalzium und die anderen
Mineralstoffe, die die Bakterien aus dem Zahnschmelz gelöst haben, sind im
Speichel geblieben, haben ihn übersättigt und konnten die Zähne umfließen und
sie härten. Die Karieslöcher schließen sich so wieder nach einiger Zeit. Fehlt also
der Zucker, stoppt auch die Karies.“
„Donnerwetter“, unterbricht Oskar, „da hast du ja richtig geforscht.“
„Habe ich auch“, sagt Großvater, „darüber habe ich gelesen, dass man aus Birkenrinde
den Zucker Xylit gewinnen kann, den die Kariesbakterien nicht vertragen,
der aber dem Körper bei der Zahnheilung hilft. Wer ihn lutscht, erzeugt mehr
Speichel, der wiederum mit den gelösten Mineralstoffen die kranken Zähne umfließt
und die Heilung beschleunigt. Xylit schmeckt süß und du brauchst nicht
mehr den gefährlichen Rübenzucker zu essen.“
„Und warum empfehlen uns das nicht die Zahnärzte?“, fragt Martha.
„Weil sie dann ihre Patienten verlieren“, stellt Großvater lakonisch fest. „Wer
vom Zähnereparieren lebt und das auch studiert hat, braucht halt Patienten mit
kranken Zähnen.“
„Weißt du“, fragt Martha nach, „ob die Kariesbakterien auch von der Stevia-
Pflanze eingehen? Sie süßt gut und hilft Diabetes-Kranken.“
„Hast du etwas Neues zum Süßen entdeckt?“, erkundigt sich Opa erstaunt,
„Stevia kenne ich nicht.“
„Ja“, erklärt Martha, „sie wächst in Südamerika und wird auch in Europa angepflanzt.“
„Da bin ich neugierig“, gibt Opa zu, „hast du sie hier zum Probieren?“
„Ich hole sie“, beeilt sich Lina zu sagen, läuft in die Küche und bringt eine Tüte
getrockneter Steviablätter und ein Fläschchen Extrakt.
„Die Blätter sind reine Natur“, sagt sie, „auf dem Fläschchen werden als Zutaten
angegeben : ,Entkeimtes Wasser, Steviaextrakt, Glyzerin, Citronensäure, Kaliumsorbat’.“
„Die Trockenblätter“, schaltet sich Martha ein, „würde ich immer bevorzugen,
denn die Zutaten in der flüssigen Form verändern die Stevia. So steckt zum Beispiel
im Kaliumsorbat die Sorbinsäure, die wiederum aus der Carbonsäure besteht
und Carbonsäuren sind chemische Verbindungen von Kohlenstoff, Wasserstoff
und Sauerstoff. Sie alle dienen der Konservierung von Lebensmitteln und tragen
die europäischen Zulassungsnummern E ...
Zitronensäure kennen wir als Vitamin-C-Träger, Glyzerin ist ein Zuckeralkohol
und wird industriell als Süßmittel verwendet.“
„Da sehen wir wieder“, unterbricht Großvater, „wie die Lebensmittelindustrie
die Natur verfälscht. Wie seid ihr bloß an diese Flüssigkeit gekommen?“
„Wir haben sie geschenkt bekommen“, erwidert Martha, „und du weißt ja: einem
geschenktem Gaul schaut man nicht ins Maul. Wir verbrauchen dieses Extrakt nebenbei
zum Backen. Aber zurück zur Pflanze. Dazu habe ich mir einiges in meinem
Küchenbuch notiert.“
Sie holt es und liest vor.
„Botanisch heißt sie Stevia rebaudiana und gehört zur Familie der Korbblütler,
also Pflanzen mit sternförmigen Korbblüten wie beispielsweise die Gänseblümchen.
Stevia wird auch Süßkraut oder Honigkraut genannt. Ihre Blätter sind im Vergleich
zum Rübenzucker dreißigmal süßer. Sie stammt aus Südamerika und wird
heute hauptsächlich in Südostasien verwendet. Die Europäische Kommission hat
sie inzwischen als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen, unter der Nummer E 960.“
„Halt!“, protestiert Oma. „Bei so vielen Fachausdrücken muss ich mich erst einmal
stärken.“
Sie lässt sich Yogi-Tee einschenken.
„Recht so“, bestätigt Opa und nimmt einen großen Schluck Bier.
Martha fährt fort:„Besondere Studien zeigen: Stevia senkt den Blutdruck und
den Blutzucker, erweitert die Gefäße, hemmt somit die Plaque-Bildung in den
Blutgefäßen, verhütet oder lindert Gicht, verhindert Karies und wirkt antibakteriell
und ist kalorienfrei.“
„Gicht ist schmerzhaft“, fährt Großvater dazwischen, „ich hatte mal Gichtanfälle
und habe daraufhin mit dem Fleischessen aufgehört. Danach ging es mir besser.“
„Das hast du gut gemacht“, lobt Oskar, „Fleisch birgt viele Zivilisationskrankheiten
in sich.“
„Nun“, bestätigt Martha, „das stimmt, „mit der Stevia sind wir fertig. Vielleicht
weißt du, Oskar, etwas über Gicht?“
„Ja“, sagt Oskar, „Gicht ist eine Störung der Nieren. Wer zu viel Fleisch isst,
sammelt Purine, das heißt Harnstoffe, im Körper an. Purine sind zwar wichtig,
weil sie die Nukleinsäuren mit aufbauen und so die Eiweißentwicklung unterstützen;
aber unser Körper bildet selbst Purine und die Nieren können ein Übermaß
an diesen Stoffen nicht verkraften, so schicken sie sie in die Gelenke und Knochen,
wo sie rheumatische Schmerzen erzeugen. Gicht ist also eine Stoffwechselkrankheit,
die wir durch vegetarische Ernährung vermeiden können und jetzt auch,
indem wir Stevia anstelle von Rübenzucker nehmen.“
„Darf ich dann überhaupt kein Fleisch mehr essen?“, fragt Martin, „mit meinen
Schulfreunden zusammen esse ich manchmal einen Döner.“
„Hört, hört!“, wird Oskar aufmerksam, „unser Filius isst fremd.“
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